Himmel über Zürich
«Himmel über Zürich»
Ab 30.11.2023 im Kino
Am Rand der Gesellschaft ist es kälter als in ihrer Mitte. Das zeigt der Film «Himmel über Zürich» – und lässt dazwischen die Wärme aufscheinen
«Himmel über Zürich» ist ein unsentimentales Porträt von Aussenseitern. Im Titel klingt das Lied «Miis Dach isch dr Himmel vo Züri» an, das Zarli Carigiet einst in der Rolle des Clochards intonierte.
Als roter Faden dient die Arbeit der Heilsarmee, verkörpert durch ihren liebenswürdigen Offizier Fredi Inniger, einen ehemaligen Elektriker, der heute als Lichtbringer ohne Strombedarf arbeitet. Die heimlichen Hauptfiguren aber sind seine zumeist älteren Schäfchen, die der Zürcher Filmemacher Thomas Thümena mit geschulterter Kamera an wenig glanzvollen Orten einfängt.
Er findet sie beim Marktplatz Oerlikon oder an der Langstrasse. Dort sitzen bekanntlich auf Bänkli neben Papiertaschen mit Habseligkeiten tagein, tagaus Menschen vor dem Denner, mitunter als «Penner» beschimpft. Einer hält fest, mit 12 Franken Sozialhilfe-«Sackgeld» pro Tag nicht weit zu kommen, steckt sich eine Zigarette an und verschafft den kaputten Lungen später Luft per Asthmaspray.
Ein anderer namens Jürg ist Gast am Mittagstisch der Heilsarmee und sagt: «Ich rentiere nicht mehr, gehöre definitiv an den Rand der Gesellschaft.» An deren Rand, das wird deutlich, friert man mehr als in ihrer Mitte. Das Bedürfnis nach Wärme ist umso grösser. Man spendet sie sich gegenseitig, manchmal holt man sie sich bei sozialen Angeboten.
Einen wie Jürg hat die Gesellschaft durchgekaut und ausgespuckt. Als Heimkind von Nonnen geschlagen und gestraft, schloss er einen Pakt mit dem Leben, wie wir seinen Erzählungen entnehmen: Wenn alle gegen ihn seien, nehme er es halt mit allen auf. So war der Weg zum Outlaw vorgezeichnet. Heute aber kann er stundenlang in die Bäume schauen, was er als Privileg empfindet. Vor der Kreuzkirche, an deren verschlossener Tür er vergeblich rüttelt, rechnet er vor, wie er sich in dieser sauteuren Stadt für 2 Franken 35 ein Zmorge zusammenstellt.
So werden Lebensreisen, die aufs Abstellgleis führen, ganz ohne Off-Kommentar in wenigen Strichen skizziert. «Himmel über Zürich» ist aber auch ein Film über zerplatzte Träume im Dies- und Vertröstung aufs Jenseits.
(Quelle: NZZ, 02.10.2023 – Urs Bühler)
Ab 30. November 2023 im Kino!
«Suppe, Seife, Seelenheil.» Getreu diesem Motto kümmert sich die Heilsarmee um Randständige und Bedürftige. Auch der Heilsarmeeoffizier Fredi Inniger besucht in der Stadt Zürich Obdachlose und einsame alte Menschen. Der Zürcher Regisseur Thomas Thümena hat Fredi Inniger in seinem vielbeschäftigten Alltag mit der Kamera begleitet und porträtiert, sowohl den Heilsarmeesoldat wie auch die Bedürftigen, mit denen dieser sich regelmässig austauscht. Eine respektvolle Annäherung an Menschen, die oft ignoriert oder belächelt werden. Der menschliche Dokumentarfilm gibt ihnen eine Stimme und lässt den Himmel über Zürich überraschend warm erstrahlen. [Pressetext]